110.Infanteriedivision
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Kriegstagebuch Januar 1944
17.1.1944
KTB 9.Armee.
Der Feind setzt seine schweren Angriffe gegen die Front des XXXXI.Pz.K. fort und versucht, die gestern errungenen Erfolge auszuweiten. Deutlich treten wieder
die beiden Schwerpunkte am rechten und linken Korpsflügel in Erscheinung. Im Einbruchsraun südl. Osaritschi, wo es dem Gegner gelingt, die Verbindung zwischen
den beiden gestrigen Einbruchsstellen Nowosselki und Zidoff (das in den Abendstunden ebenfalls vom Feind genommen wird) herzustellen, dringt er weiter nach
Westen vor und überschreitet mit schwachen Teilen sogar schon die Wischa. Eigener Gegenangriff vermag ihn nicht auf das Ostufer zurückzuwerfen. Während in der
Mitte der Korpsfront alle feindlichcn Angriffe abgewiesen werden können, geht im Abschnitt der 255.I.D. Petschischtsche durch umfassenden Angriff verloren.
Der gestrige Feindeinbruch bei Rossowo wird unter, hohen Feindverlusten bereinigt, den Gegner gelingt es nicht, die mit den letzten verfügbaren Kräften
aufgebaute Abriegelungsfront zu durchbrechen (s.Anl. II und III).
Eine z.Zt. noch unbeantwortete, für die Führung der Abwehr beim XXXXI.Pz.K. sehr wichtige Frage ist der Verbleib des sowjet. I.Gde.Pz.K., von dessen Vorhandensein
vor der Angriffsfront man weiß, ohne jedoch seinen genauen Standort zu kennen. Geländemäßig kommt sowohl der nördliche wie der südliche Angriffsschwerpunkt des
Feindes in Frage; Das AOK ist der Auffassung, daß man vor allem den nördlichen Schwerpunkt nicht unterschätzen dürfe -hier würde ein gelungener Durchbruch dem
Feind die Straße südlich der Beresina, die über Paritschi auf Bobruisk führt, öffnen.
Gleichzeitig würde der mit der Brückenkopf Schazilki umgangen werden, was wiederum erhebliche Auswirkungen auf den Südflügel des XXXV.A.K. haben müßte.
Das II.Flak=Korps wird deshalb gebeten, solange noch keine Klarheit über die Feindlage besteht, von den beiden Flakabteilungen, die heute in den Abschnitt des
XXXXI.Pz.K. zugeführt werden, eine in den Raum Tschirkowitschi, die zweite in den Raum Osaritschi zu stellen. Auf Grund anderer Feindbeurteilung erklärt das
Flakkorps jedoch, diesem Antrag nicht entsprechen
zu können; beide Abteilungen werden nach Csaritschi-in Marsch gesetzt. Auf Befehl des AOK wird dagegen das heute beim XXXXI.Pz.K. eintreffende G.R.58 vorerst
in Dubrowa belassen, um schnell an jeden der beiden Schwerpunkte verschoben werden zu können.
Angesichts der Zuspitzung der Lage beim XXXXI.Pz.K. sieht sich der Oberbefehlshaber nun doch gezwungen, die Zuführung neuer Kräfte aus dem derzeit nicht
angegriffenen Dnjepr=Abschnitt in Erwägung zu ziehen. Er denkt daran, die 110.I.D. zunächst mit Teilen, später mit der Masse beim XXXXI.Pz.K. einzusetzen.
Der Ia schlägt dazu vог, bei der Heeresgruppe die Übernahme eines Teilabschnittes des LV.A.K. durch die 4.Armee zu beantragen, um die Last der Frontverdünnung
gleichmäßiger zu verteilen.
18.1.1944
KTB 9.Armee.
Mit unverminderter Wucht, z.T. unter Einsatz frischer Verbände greift der Feind das XXXXI.Pz.K. weiter an. Die Schwerpunkte liegen wiederum auf den beiden
Flügeln (s.Ic=Zwischenmeldung).
Die Beseitigung des feindlichen Brückenkopfes westlich der Wischa gelingt auch heute nicht. Südlich Osaritschi stehen schwache Sicherungsbataillone in
ungleichem Kampf mit weit überlegenem Gegner. Der Oberbefehlshaber, der beim XXXXI.Pz.K. weilt, befiehlt zur Stützung der Abwehr in diesen Abschnitt die schnelle
Zuführung zweier Bataillone von LV. und XXXV.A.K. (Chef/Ia XXXV, 10.30 Uhr; Chef/Chef LV, 10.35 Uhr); beide Korps verlieren damit ihre letzten eigenen Reserven.
Angesichts des bereits jetzt eingetretenen hohen eigenen Kräfteverbrauchs und des unvermindert starken Feinddrucks im Raum südlich Osaritschi hält der
Oberbefehlshaber, um ein Aufbrechen der Front zu vermeiden, die Zurücknahme der HKL auf einen Brückenkopf um Osaritschi (in allg. Linie Ssytschitschi - Ostroff)
für notwendig (OB/Chef, 12.30 Uhr) und läßt dies der Heeresgruppe melden (Chef/Chef H.Gr., 12.55 Uhr). Der Feldmarschall versagt jedoch sein Einverständnis zu dem
geplanten Ausweichen und fordert das Halten der  bisherigen Stellung (Chef/Chef H.Gr., 13.15 Uhr). Schon um 13.25 Uhr muß allerdings das AOK der Heeresgruppe
mitteilen, daß inzwischen der linke Flügel der 35.I.D. durch neue Feindeinbrüche bis fast auf Osaritschi zurückgeworfen worden sei (01/01 H.Gr.). Zwischen ihm und
dem stehengebliebenen rechten Flügel der 134.I.D;, der die feindlichen Angriffe hat abweisen können, klafft eine Lücke. Um eine einheitliche Befehlsführung
sicherzustellen, bildet das Gen.Kdo. aus der 35. und 134.I.D.die "Gruppe Schlemmer" unter Führung des Div.Kdr. 134.I.D. und unter Zusammenfassung aller überhaupt
greifbaren Soldaten gelingt es bis zum Abend, den linken Flügel der 35.I.D. im Gegenstoß wieder bis in die heute vormittag als Brückenkopf vorgeschlagene Linie
vorzudrücken und den Einbruch damit zu verengen.
Besonders ernst gestaltet sich die Lage am linken Korpsflügel, wo der Feind einen tiefen Einbruch westl. Rossowo erzielt und bis zur Rollbahn durchstößt
(Einzelheiten s.Anl. II und III). Unter Einsatz letzter Reserven kann die Rollbahn wieder freigekämpft und der Einbruch abgeriegelt werden. Um Rossowo tobt ein
erbitterter Kampf, der sich bis in die Nacht hinein fortsetzt. Der Oberbefehlshaber hat sich entschlossen, morgen das bisher als Armeereserve zurückgehaltene
G.R.58, durch Sturmgeschütze verstärkt, an dieser Stelle zum Gegenangriff einzusetzen (s.Anl. IV 1).
Die zunehmende Ausdehnung der Kämpfe südlich der Beresina und die Erwartung, daß sie wohl noch einige Zeit in unverminderter Härte andauern werden, läßt eine
Änderung- der Befehlsverhältnisse in diesem Abschnitt zweckmäßig erscheinen. Die Zugehörigkeit des Kampfraumes teils zur 9., teils zur 2.Armee erschwert die
Einheitlichkeit der Führung. Mit Rücksicht auf die am Pripjet liegende Hauptfront der 2.Armee beabsichtigt die Heeresgruppe, den Befehlsbereich der 9. Armee
weiter nach Süden auf den Ab schnitt der 4.Pz.Div., gegebenenfalls auch der 5.Pz.Div. zu erstrecken. Man denkt dabei gleichzeitig an eine Freimachung des
Gen.Kdo.LVI.Pz.K. zum Einsatz am rechten Flügel der 2.Armee, und ferner, da der Gesamtabschnitt südlich der Beresina für eine Führung allein durch das
Gen.Kdo.XXXXI.Pz.K. zu breit erscheint, an eine Erweiterung des Befehlsbereichs des Gen.Kdos. XXXV.A.K. auf den Abschnitt der 253.I.D. (Chef H.Gr./Chef, 15.30 Uhr).
Das AOK weist darauf hin, daß bei dieser Lösung eine Zerreißung des derzeitigen Brennpunktabschnittes an der Grenze 36./253.I.D.. eintreten würde, und schlägt
seinerseits vor, gleichzeitig mit der 4.Pz.Div. auch das Gen.Kdo.LVI.Pz.K. der 9.Armee zu unterstellen. Diesem Vorschlag entspricht die Entscheidung des
Feldmarschalls (s.Anl. V 2). Die Unterstellung soll um 24.00 Uhr in Kraft treten. Dem LVI.Pz.K., das im wesentlichen für den Bereich des südlichen Brennpunktes
(Osaritschi) befehlsführend werden soll, während das XXXXI.Pz.K. die Führung in dem an der Beresina anschließenden Abschnitt mit dem Brennpunkt Rossowo behält
(s.Anl. IV 1 und 2), wird auch die 35.I.D. unterstellt werden.
Das AOK hat heute den Antrag an die Heeresgruppe gerichtet, am nördlichen Armeeflügel den Frontabschnitt bis Now.Bychoff, d.h. den erst vor kurzem von der 4.Armee
übernommenen Abschnitt der 4.Armee wieder zurückzugeben, um dadurch die geplante Herauslösung der 110.I.D. zu erleichtern (s.Anl. IV 3).
19.1.1944
KTB 9.Armee.
Am Südflügel der Armee beginnt sich die Überlegenheit des Feindes gegenüber der eigenen durch die harten Kämpfe stark beanspruchten Truppe mehr und mehr bemerkbar
zu machen. Sehr ungünstig wirkt sich die geländebedingte Unmöglichkeit eines vollen Einsatzes der Artillerie aus, die ja sonst - angesichts der geringen
infanteristischen Starken - den wesentlichen Faktor der deutschen Abwehr zu bilden pflegt. Zu häufigem Stellungswechseln gezwungen vermag sie in dem unübersichtlichen
Waldgelände den Grenadieren, die gegenüber dem zahlenmäßig weit überlegenen Gegner einen schweren Stand haben, nur wenig zu helfen.
Der geplante eigene Gegenangriff bei Rossowo, das seit gestern 11 mal den Besitzer gewechselt hat, muß aufgegeben werden (s.Anl. IV 1), da neben den bisher schon im
Kampf um den Ort eingetretenen Ausfällen die für den Angriff noch zu erwartenden Verluste in keinem Verhältnis zu dem erstrebten Erfolg stehen würden.
Der Oberbefehlshaber befiehlt deshalb, in einer brauchbaren Linie zur Verteidigung überzugehen (OB/Ia, 9.50 Uhr). Im Abschnitt der 36.I.D., an der Stelle, wo seinerzeit
die nicht gelungene Schließung des "Nikolaus=Kessels zum Aufbau einer Stützpunkt=HKL im Sumpfgebiet nordwestl; Sagorje zwang, sind Feindteile bis an die Straße
Tschirkowitschi - Welikij Bor durchgesickert, die sich laufend verstärken. Um einen weiteren Durchstoß zu verhindern, werden Kräfte aus dem Abschnitt Medwedoff
freigemacht und zum Gegenangriff gegen den ein gebrochenen Feind eingesetzt.
Besonders kritisch entwickelt sich die Lage im Abschnitt des LVI.Pz.K. Hier erzwingt der Feind unter Ausnutzung seines Brückenkopfes den Übergang über die Wischa in
breiter Front, nimmt die Orte Ugly und Wischa und nähert sich der Straße Kolki - Osaritschi. Im Wald südlich Krjukowitschi kämpfen an eigenen Teilen nur noch versprengte
Gruppen: der Zusammenhang der Front ist bis Teruscha unterbrochen (KG LVI/Chef, 15.55 Uhr). Es besteht, um ihn wiederherzustellen, nur die Möglichkeit, aus dem
Upa=Abschnitt zwischen Kaplitschi und Krotoff starke Kräfte herauszulösen und sie dem Feind, der nach Westen und Norden weiter vorstößt, vorzulegen. Da jedoch dadurch die
Upa-Pront so geschwächt werden würde, daß sie zur Abwehr eines stärkeren Feindangriffs nicht mehr in der Lage wäre, erbittet das AOK auf Antrag des LVI.Pz.K. von der
Heeresgruppe die Zuführung von Kräften des rechten Nachbarn zur 4.Pz.Div., um einem Zurückeerfen des rechten Flügels der Division und damit einem Abreißen des Anschlusses
zur 2.Armee vorzubeugen (Chef/ Ia H.Gr., 16.45 Uhr). Der Feldmarschall entscheidet, daß die 5.Pz.Div. ein Rgt. in den Abschnitt Kaplitschi - Krotoff stellen soll
(s..Anl. V 4), genehmigt das Herausziehen von Teilen der 4.Pz.Div. zur Abriegelung des Einbruchs, fordert aber, daß die Front an der Upa ohne Rücksicht auf den weiter
nördlich eingebrochenen Gegner auf alle Fälle an der jetzigen Linie stehenzubleiben habe (FM/ОВ 17.30 Uhr). Die Auffassung des LVI.Pz.K., das (s.dazu Anl. IV 4) darauf
hinweist, der doppelte Auftrag, den Einbruch abzuriegeln und gleichzeitig an der Upa=Front festzuhalten, übersteige nicht nur die Kräfte des Korps, sondern werde auch ohne
Zweifel sehr bald von der Entwicklung überholt sein, erscheint dem AOK zwar nicht ganz unbegründet, im Hinblick auf den strikten Befehl des Feldmarschalls weist der
Oberbefehlshaber jedoch selbst noch einmal ausdrücklich darauf hin, daß die Front zwischen Kaplitschi und Krotoff unter allen Umständen verteidigt werden müsse; die Aufhebung
dieses Befehls behält er sich selbst vor (OB/KG LVI, 23.20 Uhr; OB/Chef, 00.20 Uhr; Chef/Ia LVI, 00.25 Uhr). Darüber hinaus aber befiehlt er dem ХХXXI. und LVI.Pz.K. den
beschleunigten Ausbau einer Riegelstellung in allgemeiner Linie Myssloff Rog - Nekraschi - Verlauf der Tremlja (s.Anl. IV 6).
Auch beim XXXV.A.K. greift der Feind im Abschnitt der 45.I.D. heute erstmalig wieder mit schwächeren Kräften an. Es dürfte sich um einen Begleitstoß zu dem mit der Masse der
Verbände südlich der Beresina geführten, auf Bobruisk zielenden Hauptangriff handeln. Seine Wiederholung in den nächsten Tagen erscheint nicht ausgeschlossen
(s.Ic=Zwischenmeldung). Der heutige Angriff kann abgewiesen, ein örtlicher Einbruch im Gegenstoß bereinigt werden.
Entsprechend dem gestrigen Antrag des AOK befiehlt die Heeresgruppe die Übernahme des Frontabschnittes am Nordflügel der Armee bis einschießlich. Now.Bychoff durch AOK 4
(s.Anl. V 1). Sic soll nach erfolgter Ablösung der dort stehenden Teile der 31.I.D. am 21.1 , 4.00 Uhr erfolgen. Das AOK gibt daraufhin dem LV.A.K. den Befehl, die 110.I.D.
(vorerst ohne 1 verst.Rgt.Gruppe) nunmehr abschnittsweise herauszulösen und zum Südflügel der Armee in Marsch zu setzen. (s.Anl. IV 3). Um die ganze Division herauslösen zu
können - und das AOK hält den Einsatz auch der zunächst noch beim LV.A.K. zurückbleibenden Rgt.Gruppe am Südflügel für unbedingt erforderlich - wird bei der Heeresgruppe die
Übernahme noch eines weiteren Abschnittes der 31.I.D. durch Kräfte der 4.Armee beantragt (s. Anl. V 2).
Von der Heeresgruppe ist die Inmarschsetzung der z.Zt. noch beim Pz.AOK 3 befindlichen 129.I.D. in den Raum Bobruisk befohlen worden. Die Division - mit Eintreffen als
Heeresgruppenreserve dem AOK 9 unterstellt - soll dort eine kurze Auffrischungszeit durchmachen (s.Anl. V 1).
20.1.1944
KTB 9.Armee.
Absicht des Feindes scheint zu sein, durch möglichst rasches Nachschieben von Verstärkungen in die Einbruchsräume den Aufbau neuer Widerstandslinien zu vereiteln und ohne
Zeitverlust die wichtigen Übergänge über die Tremlja bei Kolki und der Upa bei Dubrowa in die Hand zu bekommen.
Beim LVI.Pz.K. nimmt der Gegner Kaplitschi, den Eckpfeiler der noch an der Upa stehen gebliebenen Front, durchbricht die längs der Straße Kaplitschi - Kolki aufgebaute
Sicherungslinie und stößt auf Dubnjaki vor. Ein Versuch, die Straße unter Einsatz von Panzern wieder freizukämpfen, mißlingt. Damit rückt die Möglichkeit eines Zerreißens
der jetzt schon aufgebrochenen Front ostw. des Tremlja=Sunpfes in bedrohliche Nähe; die noch dort befindlichen, zum Teil schon vom Feind umgangenen Stützpunkte laufen Gefahr,
entweder in den Sumpf zurückgeworfen zu werden oder in Gefangenschaft zu geraten. Das Sumpfgebiet, etwa 15 km breit und bis zu 8 km tief, ist bei der augenblicklichen Wetterlage
höchstens für Fußgänger durchschreitbar. Um ein Abdrängen der noch südlich Dubnjaki stehenden eigenen Teile zur 2.Armee zu verhindern (die Armeegrenze verläuft quer durch den
Sumpf), erbittet das LVI.Pz.K. die Genehmigung zur Zurücknahme seines rechten Flügels auf die Linie Dubnjaki - Ssawitschi. Dieser Antrag, vom AOK sofort zur Heeresgruppe
weitergegeben, findet allerdings nicht deren Zustimmung. Die Heeresgruppe betont vielmehr, es müsse versucht werden, den Zusammenhang der Front unter allen Umständen, gegebenfalls
sogar angriffsweise, ostwärts des Sumpfes wieder herzustellen. Sie unterstellt alle südlich der Linie Ssetowka - Dubnjaki stehenden Teile der 2.Armee, die gleichzeitig beauftragt
wird, ein weiteres Feindvorgehen zwischen Upa und Tremlja möglichst weit nördlich zu verhindern - im übrigen wird beiden Armeen befohlen, alle Maßnahmen zur Aufrechterhaltung bzw.
Wiederherstellung des Anschlusses zu treffen (s. dazu Anl. V 2 und IV 6).
Auch im Angriff auf die inneren Flügel des LVI., und XXXI.Pz.K. erringt der Feind neue Erfolge. Nach erbittertem Kampf gehen Osaritschi und Pischelniki verloren. Angriffe auf
Lessez und Ssolowcika können abgeschlagen werden.
Im zweiten Brennpunkt der Kämpfe, beim XXXXI.Pz.K. , gelingt die Schließung der Lücke zwischen 134. und 36.I.D. nicht. Gegenangriffe haben nur teilweisen Erfolg. Zwischen Upa und
Welikij Bor kann eine zusammenhängende HKL auch heute nicht wiederhergestellt werden. Da der Feind - etwa 2 Divn. stark - immer neue Verstärkungen in die Einbruchslücke nachführt,
hat sich das Korps zur Heranführung weiterer Kräfte aus der Front der 36. und 134.I.D. gezwungen gesehen, was bei der 36.I.D. zum Zurückwerfen der stehengebliebenen schwachen Teile
führt, als diese (im Abschnitt Medwedoff - Kremena) vom Feind ebenfalls angegriffen werden. Für die Front der 134.I.D., die in einen weit vorspringenden Bogen zum Teil noch an Upa
steht, ist Gleiches im Falle eines Feindfagriffs zu befürchten. Der Oberbefehlshaber erbittet deshalb von der Heeresgruppe die Genehmigung zur vorbeugenden Zurücknahme dieses
Frontbogens unter Belassung von Nachtruppen an der Upa, wodurch gleichzeitig (infolge der dann eintretenden Verkürzung der HKL) Weitere Kräfte zur Abriegelung des Einbruchs bei
Welikij Bor freiwerden sollen. Die Genehmigung wird erteilt. Das AOK befiehlt daraufhin, da mit einer Fortsetzung starker feindlicher Angriffe auf Welikij Bor gerechnet werden muß,
mit den freiwerdenden Teilen der 134.I.D. den dortigen Abwehrschwerpunkt weitmöglichst zu verstärken. Ob die feindlichen Pläne in diesem Abschnitt auf eine Wegnahme von Dubrowa und
damit auf die Öffnung der von dort nach Piritschi führenden Straße zielen oder ob man auf der gegnerischen Seite hauptsächlich an einen Stoß auf Tschirkowitschi denkt, kann auf Grund
des derzeitigen Frontbildes noch nicht gesagt werden.
Auf den gestrigen Antrag des AOK befiehlt die Heeresgruppe die Übernehme eines weiteren Btl.-Abschnittes am linken Armeeflügel (bis Wotnja) durch die 4.Armee. AOK 9 erhält die
Auflage, unter weiterer Verdünnung der Front des LV.A.K. nunmehr auch die letzter, dort noch im Einsatz befindlichen Teile der 110.I.D. zur geschlossenen Verwendung am Südflügel der
Armee herauszulösen (s. Anl. VI und IV 1 und 2).
Das im Raum südllich Bobruisk liegende, als Bandenzentrum bekennte Gebiet um Karpilowka, dessen Bereinigung nach Beendigung des "Nikolaus"=Unternehmens zu Jahresbeginn schon einmal
geplant war, aber infolge deг Kampflage, die den teilweisen Einsatz an der Front forderte, damals nicht durchgeführt werden konnte, hat nach Unterstellung des LVI.Pz.K. dazu gezwungen,
die dorthin führenden Versorgungswege verhältnismäßig frontnah durch den Bereich des XXXXI.Pz.K. verlaufen zu lassen. Mit dem schrittweisen Heranrücken der Front an diese Straße ist
die Schaffung anderer Versorgungswege immer notwendiger geworden. Das AOK beabsichtigt daher, in den nächsten Tagen ein größeres Unternehmen im Raum Karpilowka durchzuführen, mit dem
Ziel, einen von Glusk aus unmittelbar zum LVI.Pz.K. führenden Versorgungsweg. Um die dazu erforderlichen Kräfte zu erhalten, wird heute - in der schon damals geplanten Art - die
Ablösung von zwei im Sicherungsdienst stehenden Landesschützenbataillonen durch neu aufzustellende Alarmeinheiten, und die Bereitstellung weiterer Sicherungskräfte befohlen.
Als Führungsstab ist zunächst der Brigadestab z.b.V.4 (Treptow) vorgesehen,
   
22.1.1944
KTB 9.Armee.
Die schweren Kämpfe, die seit dem 16.1. auf dem Südflügel der Armee entbrannt sind, stehen, wie jetzt, allmählich immer klarer hervortritt, unter dem Zeichen eines neuen sowjetischen
Großangriffsverfahrens. Der Feind berennt nicht, wie er еs sonst vielfach tut, auf breiter Front die deutschen Stellungen, sondern greift unter scharfer Bildung örtlicher Schwerpunkte einzelne
Stellen der HKL mit starken Kräften an und versucht, wenn ihm der Durchbrach gelingt, in sofortigen Eindrehen die Front aufzurollen. Gelingt ihm der Durchbruch nicht, so pflegt er nach
verhältnismäßig rascher Verlagerung seiner Schwerpunkte an anderer Stelle erneut anzugreifen. Es ist dies eine taktisch außerordentlich geschickte Angriffsart, die аn den Verteidiger
führungsmäßig größte Anforderungen stellt; sie verlangt eine in höchstem Maße wendige Anpassung an die Kampfweise des Gegners durch vorausschauende und schnelle Bildung von Abwehr Schwerpunkten
in den jeweils bedrohten Abschnitten. Von der Truppe fordert sie - gerade hier, in dem fast -überall unübersichtlichen und für den Artillerieeinsatz besonders ungünstigen Gelände - äußerste
Anstrengungen und Leistungen. Die. Tatsache, daß es bisher gelang, die fast immer mit erheblicher Überlegenheit geführten Angriffe nach kurzer Zeit wieder zum Stehen zu bringen und die Front
geschlossen zu halten, ferner, daß im ganzen gesehen - doch nur ein im Verhältnis zum Kräfteeinsatz des Feindes geringfügiger Geländestreifen verloren wurde, stellt Führung und Truppe ein
hervorragendes Zeugnis aus.
Am heutigen Tag steht die Front südlich der Beresina wiederum in äußerster Anspannung, Um den heftigen feindlichen Angriffen sandzuhalten. Abgesehen von zwei örtlichen Einbrüchen bei Dubnjaki
und bei Sakletnoje (4.Pz.Div. bzw. 253.I.D.), um die am Abend noch gekämpft wird, bleibt die HKL überall in eigener Hand (Näheres s.Anl. II und III). Besonders schwer sind die Kämpfe beim
XXXXI.Pz.K. (36. und 253.I.D.). Der Oberbefehlshaber hat deshalb befohlen, eine Rgt.Gruppe der an sich zum Einsatz am Korpsflügel des LVI.Pz.K. bestimmten 110.I.D., vorläufig am linken Flügel
des XXXXI.Pz.K. in der 2.Stellung einzusetzen, um zu verhindern, daß der Feind bei einem plötzlichen Einbruch diese eher als die eigene Truppe erreicht, denn er hofft, falls die Front noch
weiter zurückgeworfen werden sollte, die stark abgekämpften Verbände wenigstens für einige Tage in dieser Stellung sich setzen zu lassen.
Der Verbleib des I.Gde.Pz.K., mit dessen Auftreten ja nun schon seit Tagen gerechnet wird, ist nach wie vor zweifelhaft; das Vorhandensein einzelner Panzer in verschiedenen Frontabschnitten
gibt noch kein endgültiges Bild. Das AOK hält jedoch sein Auftauchen im Abschnitt des LVI.Pz.K. für besonders wahrscheinlich. Es wird deshalb befohlen, die erste soeben fertig aufgestellte
- Kompanie des Armee=Pz.=Zerstörer=Btl. dem LVI.Pz.K. zuzuführen. Die Kp. ist mit der neuen R=Panzerabwehrwaffe, dem sog. "Ofenrohr" ausgestattetj die hier erstmalig im Armeebereich zum Einsatz
kommen soll (s.Anl. IV 1).
   
   
   
26.1.1944
KTB 9.Armee.
Nach einstündiger, äußerst starker Artillerievorbereitung tritt der Feind, unterstützt von zahlreichen Panzern, mit massierten Kräften zu dem erwarteten Großangriff gegen die Front des
LVI.Pz.K. an. Während es der 4.Pz.Div. und der 110.I.D. (deren Div.Kdо. heute den Befehl über den linken Anschnitt des Korps übernommen hat) gelingt, alle Angriffe unter hohen Feindverlusten
abuschlagen - auch ein Umfassungsversuch am äußersten rechten Korpsflügel wird erfolgreich abgewehrt -, erzielt der Gegner im Abschnitt Ssawitsschi - Krjukowitschi einen breiten und tiefen Einbruch.
Sofort eingeleitete Gegenmaßnahmen des Korps, die bis zum Abend noch keinen Erfolg, gehabt haben, sollen in die Nacht hinein fortgesetzt werden, da ein Gegenangriff in der Frühe des morgigen Tages,
nachdem der Feind Zeit gehabt hat, sich in der Einbruchsstelle zu verstärken, weit weniger Aussicht auf Erfolg bieten würde.
Beim XXXXI.Pz.K. kommt es an mehreren Stellen zu örtlichen Gefechten. Die noch vorwärts der HKL haltenden Sicherungen werden zurückgeworfen. Im übrigen schließt der Feind vor der gesamten Korpsfront
auf - alle Anzeichen deuten darauf hin, daß er seine starken Angriffe auch hier in Kürze wieder Aufnahmen wird. Der Brückenkopf Kobylschtschina geht in den Abendstunden nach wechselvollem Kampf
verloren.
Schwache Feindteile, die heute am Südflügel des XXXV.A.K, die Beresina nördl. Schazilki übergesetzt sind, können nach kurzem Gefecht wieder zurück geworfen werden. Die Tatsache, daß dieser Vorstoß
überhaupt möglich war, zeigt jedoch, daß die hier stehenden eigenen schwachen Kräfte -zu einer ausreichenden Überwachung des Flussabschnitts nicht in der Lage sind. Der Oberbefehlshaber befiehlt
deshalb, noch eine Alarmeinheit aus rückwärtigen Diensten zusammenzustellen und in diesen Abschnitt zur Verstärkung einzusetzen (OB/ Chef, 13.10 Uhr).
Heute um 16.00 Uhr hat der als Chef des Generalstabes zum LV.A.K. versetzte Ia der Armee, Oberst i.G. Hölz, die Dienstgeschäfte an seinen Nachfolger, Oberstlt.i.G. Ulms, übergeben. Mit dem Wirken
seines bisherigen Ersten Generalstabsoffiziers verbindet das AOK Erinnernugen an schwere, aber auch an stolze Zeiten.
Nach den Großschlachten im Kampfraum Rshew, an deren Generalstabsmäßiger Vorbereitung und Durchführung er maßgeblichen Anteil hatte, war sein eigentliches organisatorisches Meisterstück die
"Büffelbewegung", jene mit uhrwerkmäßiger Genauigkeit geplante und abgelaufene erste große Absetzbewegung der Armee. Auch im neuen Kampfraum Orel, bei der Vorbereitung des "Zitadelle"=Unternehmens,
dann später bei der Durchführung der Absetzbewegungen auf die Hagen-und Pantherstellung und endlich bei den Abwchrkämpfen im Dnjepr-Raum dankt die 9.Armee seiner Arbeit viel, und es sind hohe Worte
der Anerkennung, mit denen der Oberbefehlshaber und der Chef des Generalstabes ihrem ersten Mitarbeiter anläßlich seines Scheidens diesen Dank aussprechen.
27.1.1944
KTB 9.Armee.
Wider Erwarten haben die feindlichen Angriffe auf den rechten Armeeflügel heute etwas nachgelassen. Grund dafür dürften wohl Versorgungsschwierigkeiten beim Feind sein - das anhaltende Tauwetter
läßt die Straßen von Tag zu Tag grundloser werden, Daß der Gegner seine Angriffsabsichten keineswegs aufgegeben hat, zeigt allein schon die Tatsache, daß er eine bisher zwischen Beresina und Dnjepr
stehende Division über die Beresina nach Süden (vor den linken Flügel der 36.I.D.) аbgezogen hat.
Der gestrige Einbruch beim LVI.Pz.K. kann bis auf eine noch verbleibende Lücke, um deren Schließung erbitterte Kämpfe im Gange sind, verengt werden. Beim XXXXI.Pz.K. werden zahlreiche Feindangriffe,
die am Nachmittag an Heftigkeit zunehmen, abgewiesen; nur nördlich Ssemenowitschi, im Abschnitt eines Sicherungsbataillons, das sich zwar in den vergangenen Tagen hervorragend geschlagen, dessen
Kampffähigkeit jedoch infolge der pausenlosen Beanspruchung stärkstens gelitten tat, gelingt dem Gegner ein Einbruch, zu dessen Bereinigung die Kräfte des Bataillons nicht mehr ausreichen.
Dieser Fall zeigt schlaglichtartig, wie untragbar allmählich der fortdauernde Einsatz von Sicherungseinheiten in vorderster Linie geworden ist. Erzwungen durch den Mangel an anderen Kräften, stellt
er immer mehr eine ernsthafte Gefährdung für die Standfestigkeit der Abwehr dar. Einige der Sicherungsverbände haben bereits, um nicht völlig zerschlagen zu werden, aus der Front herausgelöst werden
müssen, die noch verbliebenen nähern sich der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Der Oberbefehlshaber ist entschlossen, nunmehr auch diese herauszulösen (OB/Chef, 21.00 Uhr). Schwierigkeiten macht
allerdings die Frage, wie ein Ausgleich für die dadurch eintretende Schwächung der Front geschaffen werden kann. Der Armeechef schlägt der Heeresgruppe eine Erstreckung des linken Flügels der
2.Armee nach Norden vor, was diese jedoch als z.Zt. undurchführbar ablehnt, seiner Bitte um Beschleunigung der Ersatzzuführung verspricht der Chef der Heeresgruppe dagegen nach Möglichkeit entsprechen
zu wollen. Darüber hinaus verweist er darauf, daß der Feldmarschall beabsichtige, die 129.I.D. nach beendeter Auffrischung zur Entlastung der Kampffront südlich der Beresina einzusetzen; es sei
allerdings notwendig, an ihrer stelle eine andere, abgekämpfte Division aus der Front zu ziehen (Chef/Chef H.Gr., 21.05 Uhr). Welche Division das sein wird, steht noch dahin.
Der Verbleib des I.sowjet.Gde.Pz.K., mit dessen Auftauchen beim LVI.Pz.K. oder XXXXI.Pz.K. das AOK immer gerechnet hat und auf Grund der vorliegenden s.Qu.=Nachrichten auch noch hat rechnen müssen,
scheint sich ellmählich zu klären: Die Heeresgruppe teilt mit, das Korps sei im Süden der Ostfront aufgetreten; die Meldungen darüber sind allerdings noch nicht so eindeutig, als daß man sie für
unumstößlich sicher Ansehen könnte (s.Anl. X: Chef H.Gr./Chef, 23.50 Uhr; Ic/Chef, 00.30 Uhr). Wie die Heeresgruppe ferner mitteilt, hat der Führer die -Zurücknahme des vorspringenden linken Flügels
der 2.Armee genehmigt. Das Absetzen erfolgt in 2 Sprüngen, heute nacht werden die dort stehenden Verbände hinter die Tremlja, morgen nacht hinter den Ptitsch ausweichen. Dem LVI.Pz.K. wird daraufhin
befohlen, im unmittelbaren Einvernehmen mit seinem rechten Nachbarn, dem XX.A.K., für die Wiederherstellung des Anschlusses zur 2. Armee westlich der Tremlja Sorge zu tragen (s.Anl. IV 7 und Anl. I).
 
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